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Statement der Präsidentin der Europäischen Bewegung Sachsen anlässlich des VDA-Forums 2018 zur Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern

Auf Einladung des Vorsitzenden des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) Peter Bien nahm die Präsidentin der Europäischen Bewegung Sachsen Andrea Dombois an der Veranstaltung „Mehr als Nachbarn. Die Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern“ teil, die am 03.11.2018 im Goethe-Institut Dresden stattfand.

Die Präsidentin der Europäischen Bewegung Sachsen betonte:

„Wir befinden uns im Europäischen Jahr des Kulturerbes. Nicht nur in Mitteleuropa diskutieren viele Menschen – zum Teil sehr leidenschaftlich – über das Verständnis von Kultur und Identität. Das moderne deutsche Selbstverständnis ist ohne das deutsche Kulturerbe im östlichen Europa nicht zu verstehen. Deshalb müssen wir dieses Erbe bewahren und weiter erforschen.

Es liegt in unserer Verantwortung, darüber zu berichten und insbesondere die jungen Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und mit ihnen gemeinsam Orte zu besuchen, die die Geschichte der Deutschen im östlichen Europa erlebbar machen. Nur so können wir das Bewusstsein für das Thema schärfen.

Gleichfalls ist es von besonderer Bedeutung, dieses Kulturerbe als Teil eines europäischen Erbes zu erfassen – als Teil unseres gemeinsamen Kulturraumes Europa.

(…)

Mit keinem anderen Staat unterhält Sachsen so enge Beziehungen wie mit der Tschechischen Republik. (…) Diese vertrauensvolle Partnerschaft ist vor dem Hintergrund unserer wechselvollen Geschichte und der nationalsozialistischen Verbrechen keinesfalls selbstverständlich. So erinnern wir in diesem Jahr unter anderem an die Unterzeichnung des Münchner Abkommens vor 80 Jahren, das zur Zerschlagung der Tschechoslowakei führte – ein grausames Kapitel in der deutsch-tschechischen Beziehungsgeschichte, das uns eine Mahnung ist, stets achtsam zu sein und für die Stärke des Rechtes einzutreten.

(…)

In den böhmischen Ländern sind europäische Wurzeln nicht zu übersehen. Ich denke beispielsweise an den Komponisten Smetana und seine zauberhafte Musik, die zahlreiche andere Komponisten beeinflusst hat. Ich denke auch an den unverwechselbaren Schriftsteller Franz Kafka – und die vielen anderen Kulturschaffenden, die die Geistesgeschichte Europas bereichert haben.

Kultur stiftet Zusammenhalt und hat besonderes Friedenspotenzial – das ist meine feste Überzeugung. Herr Bien und sein Team setzen sich schon seit Jahren mit der Geschichte der Deutschen im östlichen Europa auseinander und leisten damit einen konstruktiven Beitrag zur interkulturellen Verständigung.

Auch Ihr Haus, Herr Sobotta, das Goethe-Institut, bietet interessierten Menschen die Chance, Deutschland und seine Sprache und Kultur zu entdecken.

Es ist ein Ort der Begegnung und des wertschätzenden Miteinanders.

(…)

Sie alle werden sich in den nächsten Stunden mit der wechselvollen Geschichte des Zusammenlebens zwischen Deutschen und Tschechen befassen. Sie werden auch über die Flucht und Vertreibung sprechen. In den 90er Jahren, nach dem friedvollen Neuanfang unserer Länder, war dieses Thema noch nicht so präsent wie heute. Für viele ist es auch heute ein sensibles Thema. Bis zu 15 Millionen Menschen waren betroffen. Über zwei Millionen von ihnen sind umgekommen. Eine Million Vertriebene haben in Sachsen eine neue Heimat gefunden. Die Heimatvertriebenen bauten die zerstörten Städte und Dörfer mit auf und haben somit unserem Land bedeutende soziale, wirtschaftliche und kulturelle Impulse vermittelt.

Der Sächsische Landtag und die Sächsische Staatsregierung sehen sich in der Pflicht, die Erinnerung an die Menschen, die ihre frühere Heimat durch Flucht und Vertreibung verloren haben, im Gedächtnis unseres Landes wachzuhalten.

Ihnen ist daher seit 2014 ein sächsischer Gedenktag gewidmet.

Unsere Hauptherausforderung besteht heute vor allem darin, mehr Jugendliche dazu anzuregen, sich mit den persönlichen Schicksalen und ihren Leidenserfahrungen zu befassen und diese in den breiteren Kontext der schrecklichen Erfahrungen des Krieges zu setzen.

Bei allen Diskussionen um die Geschichte ist es allerdings wichtig, auch zukunftsorientierte Gespräche zu führen, die sicherlich auch im Rahmen dieser Veranstaltung nicht fehlen werden.

So finde ich es beeindruckend, dass Sie auch über die aktuelle Situation der sehr aktiven deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik sprechen werden.

(…)

Gerade im Rahmen der 20. Tschechisch-Deutschen Kulturtage, die derzeit stattfinden und sich mit dem Jubiläum „100 Jahre Tschechoslowakei“ befassen, sieht man wie mannigifaltig und intensiv das Verhältnis zwischen unseren Gesellschaften ist.

Um unsere Zusammenarbeit noch besser gestalten zu können, müssen wir sprachliche Barrieren abbauen, mehr miteinander reden und einander besser zuhören.

Die Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern hat Licht- und Schattenseiten.

Diese Veranstaltung wird sicherlich dazu beitragen, das Gemeinsame über das Trennenede zu stellen, die Schattenseiten zu beleuchten und so die Verständigung zu fördern.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende Veranstaltung und bereichernde Gespräche.“

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